Wir brauchen die große Mehrheit der Menschlichkeit!
Gut, dass ihr hier seid. Um euch geht es ja.
Ich will euch erst mal etwas Schönes erzählen: Bei uns in der Straße lebt ein junges Paar. Die bekommen bald ihr erstes Kind. Die künftige Mutter kenn ich von klein auf. Sie ist Erzieherin, hier in Ludwigsburg. Sie kommt aus einer kurdischen Familie. Und ich überlege mir jetzt, wie wird das in ein paar Jahren sein? Muss ich da zu meinem Nachbarskind sagen: Tschüss, ihr müsst jetzt aus Deutschland weg, weil du nicht „deutsch genug“ bist?
Das ist ein gruseliger und grausamer Gedanke.
Wer den Ludwigsburger Synagogenplatz und die Geschichte seiner Menschen kennt, kennt die Berichte über das furchtbare Schicksal von Nachbarinnen und Nachbarn, die während der Nazi-Diktatur verfolgt, deportiert und ermordet wurden, weil sie jüdisch waren.
Tatsächlich stehen wir deshalb heute hier zusammen und feiern Vielfalt und Demokratie. Weil sich ein paar hundert Meter weiter ein „identitäres“ Häufchen treffen will, das sich „Reconquista 21“ nennt. Die definieren ihre „Identität“ also anhand der Kreuzzüge, denen muslimische und jüdische Menschen auf der iberischen Halbinsel vor hunderten von Jahren zum Opfer fielen. Was für ein bizarres, erbärmliches Grüppchen von Wichtigtuern!
Was müssen wir tun, damit niemand mein künftiges Nachbarskind bedrohen oder vertreiben wird? Ich hab’s ja gesagt: Es geht hier um euch, um uns alle. Wir müssen – ganz im Ernst – verhindern, dass die Rechtsradikalen diesen Staat in die Finger bekommen.
Am 23. Februar haben wir da nicht nur eine Möglichkeit – wir haben die Pflicht. Bei dieser Bundestagswahl müssen wir den Einfluss der Truppen winzig halten, die gegen die Menschlichkeit stänkern und hetzen.
Hier im Ludwigsburger Gemeinderat hat die Fraktionsvorsitzende der AfD gesagt, der Geldbedarf von Kitas und Schulen sei „auch auf die hohe Migration zurückzuführen“. Das ist juristisch nicht angreifbar, das ist nur menschlich unter aller Sau. Da wird eine Gruppe von Menschen aus der Gemeinschaft ausgegliedert und und für Kosten der Gemeinschaft verantwortlich gemacht. So funktioniert Ausgrenzung. Zur Einschränkung von Grundrechten ist dann kein weiter Weg mehr. Die Möchtegern-Kreuzritter schwadronieren dann von „Remigration“. Hass und Menschenfeindlichkeit sind der gemeinsame Markenkern von „Reconquista 21“ und AfD.
Wen immer ihr kennt, der oder die in Gesprächen die Positionen dieser geistigen Brandstifter vertritt – widersprecht! Wer auch nur Verständnis für diese fiesen Gedanken zeigt – diskutiert, widersprecht, macht klar, dass Menschenwürde und Menschenrechte nicht zur Diskussion stehen.
Widersprecht auch denen in anderen Parteien, die solche Thesen ebenfalls verbreiten – vielleicht nur, weil sie hoffen, dann Wähler:innenstimmen von Rechtsaußen zu sich rüber zu holen. Das ist erstens widerlich und zweitens stärkt es die Erfinder der Menschenfeindlichkeit, nicht ihre Nachäffer.
Für die Feinde der Toleranz gibt es keine Toleranz. Wir müssen eine große, handlungsfähige Mehrheit der Menschlichkeit haben – zum Beispiel – im neuen Bundestag. Wir haben da viel zu tun. Tut’s für euch. Und tut’s für das Kind meiner Nachbarn.